Samstag, Juni 30, 2007

TIMM & die Toleranz

Ab Herbst soll's einen schwulen TV-Sender namens "TIMM" geben. Produziert von "andersTrend"-Moderator Frank Lukas.

Hm, ich muß gestehen, daß ich mir von "andersTrend" damals vor 10 (? oder so) Jahren nur die allererste Folge angesehen habe und zutiefst enttäuscht war. Das war für mich eine Sendung über Schwule, nicht für Schwule; nach dem Motto "Also, liebe Heteros, paßt mal auf. Schwule sind so und so und machen das und das..." - Fand ich einfach nur ätzend und hab's mir nie wieder angeschaut. Mag ja sein, daß es zwischenzeitlich (und Frank Lukas macht's erst seit fünf Jahren) besser geworden ist?

Erstaunlich finde ich allerdings, daß ich in diversen Foren zum Thema TIMM ausgerechnet von Schwulen überwiegend die Meinung lese: "Sowas braucht's doch nicht! Wozu 'nen eigenen Sender? Wir haben doch eine liberale Gesellschaft, in der wir voll integriert sind, auch in der bereits bestehenden TV-Landschaft." Blablabla

Also, ich weiß nicht, in welcher Scheinwelt diese Genossen leben, aber von der liberalen Gesellschaft merke ich noch immer nicht viel. Leben die alle in gewissen Stadtteilen von Berlin oder Köln? (Aber selbst in Köln habe ich schon erlebt, daß in der Stadtbahn eine ganze Schulklasse ausgeflippt ist, weil ein Typ und ich uns geküßt haben... Dabei dachte ich, die wären das gewöhnt!)

Wenn ich mir die TV-Landschaft so ansehe... Na, wann läuft da mal ein schwuler Film? 1x im Monat? Und das bei über 30 TV-Sendern, die alle rund um die Uhr senden. Das sind über 20.000 Stunden Sendezeit. Sind im Vergleich dazu zwei Stunden für einen schwulen Film (der dann in der Regel sowieso erst nach Mitternacht läuft) nicht etwas wenig? Okay, immerhin haben es Serien wie "Queer as Folk", "Will & Grace" und "The L-word" in die deutsche Flimmerkiste geschafft. Wäre noch vor 10-15 Jahren undenkbar gewesen.

Was ansonsten die "liberale Gesellschaft" betrifft. - Na, seid Ihr wirklich so blind? Oder habt Ihr Euch einfach schon so daran gewöhnt, daß es Euch gar nicht mehr auffällt? Sicher ist es für Schwule heute einfacher geworden als z.B. in meiner Jugendzeit. Aber viele Schwule (und Heteros sowieso) verwechseln immer noch Akzeptanz und Toleranz. So mancher Hetero versteht auch überhaupt nicht, warum ich nicht vor Freude an die Decke springe und ihm auf Knien danke, wenn er mir nach der 'Offenbarung' diese Floskel: "Och, das ist okay. Habe ich kein Problem mit. Da bin ich tolerant!" um die Ohren haut. Aaaaaarrrrrggggghhhh!

Meine Lieben, nochmal zum Mitschreiben: Toleranz bedeutet lediglich eine Duldung von Andersartigkeit. Wiki schreibt so schön treffend: "Toleranz schließt eine Diskriminierung nicht aus". Das Stichwort ist Akzeptanz!

Aber zurück zum Thema! - Es gibt also etliche Sportsender, Kindersender, Kunstsender, Einkaufs- und Hausfrauensender... - Warum dann nicht auch einen Schwulensender? Das hat in meinen Augen nichts mit Ghettoisierung zu tun, sondern ist eine längst überfällige Nischenfüllung; die Akzeptanz, daß es einen Marktanteil an schwulem Publikum gibt. Finde ich klasse und ziehe meinen Hut vor Frank Lukas!

Wie der Sender letztendlich aussieht, bleibt abzuwarten. Zunächst sind vier Stunden Tagesprogramm geplant. Die wollen erstmal mit Niveau gefüllt werden (und der Schwule an sich ist da Gerüchten nach ja etwas anspruchsvoller). Meine Befürchtung ist, daß die finanziellen Mittel für bessere Qualität nicht ausreichen, und deshalb entweder der Sender bald wieder eingestellt oder doch wieder Zugeständnisse an ein heterosexuelles Publikum gemacht werden. Hoffentlich nicht! Ich drücke jedenfalls Frank Lukas und seinem Team die Daumen.

Die Website gibt übrigens noch nicht viel preis, aber wer will, kann sich doch schon mal dort umsehen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Danke für diesen Beitrag. So sehe ich das auch. Hoffentlich wird der Sender was von Schwule für Schwule, und nicht etwas über Schwule. Manchmal komme ich mir nänlich vor, wie in einem Streichelzoo. "Ohhh schaut mal ein HOMOSEXUELLER" Darf man den mal anfassen....."

Gruß Kay